Wie sieht dein Alltag als Investment Manager aus und wie kommt man überhaupt dazu? 

Der Job ist sehr vielseitig und einen typischen Alltag gibt es nicht. Das Spektrum reicht vom Sourcing neuer Deals, Meetings mit Startups und Netzwerkpartnern, Recherchen, Workshops, Panels und Keynotes bei Events/Konferenzen bis zur Strukturierung von Finanzierungsrunden und Investments, Aufsetzen von Term Sheets und Beteiligungsverträgen und natürlich ganz wichtig, der Arbeit mit den Portfoliounternehmen. Als hands-on VC verstehen wir uns als Teil des Startup-Teams und investieren einen Großteil unserer Zeit in strategisches und operatives Sparring mit den Managements, um gemeinsam die Ventures vorwärts zu bringen.

Ins Venture Capital Geschäft bin ich im Anschluss an zwei Startup Gründungen und mein BWL Studium an der Frankfurt School of Finance and Management gekommen. Jobs im VC sind selten offiziell ausgeschrieben und Investoren recruiten häufig aus Ihrem Netzwerk oder durch Intros und Empfehlungen. So war das auch bei mir.

Ist es nicht relativ trocken ,,nur“ mit Zahlen zu hantieren?

Du hast Recht: Zahlen sind eine wichtige Basis unserer Arbeit. In einer Finanzplanung sehe ich auf einen Blick Status Quo und die voraussichtliche Unternehmensentwicklung. Außerdem sind sämtliche Annahmen enthalten, die einem Startup zugrunde liegen: Geschäfts- und Preismodell, Umsatzquellen, Kostentreiber, Metriken zu Marketingkanälen, Exit-Szenarien etc. Für mich ist eine Finanzplanung die ultimative „Business strategy in a nutshell“ und daher absolut nicht trocken. Erwartungsgemäß haben wir auch im täglichen Doing viel mit Zahlen zu tun, die wir interpretieren und bewerten.

Allerdings investieren wir nicht „nur“ Kapital in Unternehmen, sondern verfolgen eine sehr aktive und unternehmerische Investmentstrategie. Wir schaffen eine hohe Wertschöpfung durch persönliches Engagement, unser weitreichendes Netzwerk und die langjährige Expertise beim Unternehmensaufbau – ausschließlich Zahlen helfen da nicht weiter! Mit diesem hands-on Ansatz verteilen wir das unternehmerische Risiko auch auf unsere Schultern und werden Teil des Startup-Teams.

Wie wichtig sind VC-Investitionen in der Region?

Als bmp Ventures managen wir die IBG-Fonds, die VC Fonds des Bundeslandes Sachsen-Anhalt (Volumen: 160 Mio.€) und fokussieren uns daher speziell auf die Region Mitteldeutschland.

Aufgrund von sehr guten Universitäten, Forschungseinrichtungen und innovativen Corporates, gibt es hier zahlreiche technologisch versierte Gründer, die exzellent ausgebildet sind. Mitteldeutschland liegt zentral in Deutschland, mit teilweise sehr guter Infrastruktur und Lebensqualität. In der Summe ist das ein hervorragender Nährboden für schnell wachsende Technologieunternehmen. Venture Capital ist dabei als Finanzierungsart alternativlos!

Da es aufgrund der Historie nur sehr wenige private VC Gesellschaften in der Region gibt, stellen die Venture Capital Fonds der jeweiligen Bundesländer wichtige Finanzierungsinstrumente dar, die die VC Lücke schließen und Startups und Wachstumsunternehmen mit Liquidität versorgen.

Die Auswirkungen von regionalen Venture Capital-Beteiligungen sind im Best Case Leuchtturm-Unternehmen, die die Entwicklung der regionalen Startup-Szene nachhaltig beschleunigen, zum Ökosystem beitragen und dem Gesellschafter eine Rendite erwirtschaften. Zurückgeflossene Mittel sollten wieder in neue Startups reinvestieren werden, weshalb es sich bei den IBG-Fonds auch um Evergreen-Fonds handelt.

Was würdest du jemanden raten, der auch in die Venture Capital Finanzierungsbranche will?

Es gibt keinen direkten Weg ins VC Geschäft. Venture Capital Geber sind oft ehemalige Unternehmer, Berater oder Banker mit Interesse an Startups und Investments. Da VC Manager in kleinen und effizienten Teams arbeiten und wenig Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter haben, sollte man als VC-Einsteiger von Anfang an Fähigkeiten mitbringen, die eine VC Gesellschaft in ihrem täglichen Doing dringend benötigt: z.B. Skills im Networking, Business Development, beim Aufbau eines Dealflows oder der Strukturierung von Finanzierungsrunden, Know-how im Gesellschaftsrecht, strategisches Denken, etc. So kann man als Einsteiger Plug & Play starten und unmittelbar einen Mehrwert bieten.

Was für Startups gilt, gilt auch für VC-Einsteiger: ein erfolgreicher Start im Venture Capital beginnt mit der richtigen Ansprache des VCs. Bei der Kontaktaufnahme sollte man einige Punkte beachten, die ansonsten auch für Startups gelten und die die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen können. Unser Vorstand Dr. Jan Alberti hat hierzu einen Artikel verfasst: https://www.fuer-gruender.de/blog/2016/07/vc-fonds-6-dos-donts/ Neben der Recherche und dem optimalen „Pitch“, warum man der perfekte Mitarbeiter für eine VC Gesellschaft ist, helfen auch Intros zum VC Manager und Empfehlungen erfahrungsgemäß sehr weiter.

Hast du vor später selbst mal zu gründen?

Als ich an der Frankfurt School of Finance and Management studiert habe, wollten alle Kommilitonen ins Investmentbanking. Ich nicht! Es war zwar noch vor dem Startup-Hype, aber ich war bereits vom Unternehmertum infiziert. Als einziger Student unseres Jahrgangs gründete ich ein Startup und konnte Venture Capital akquirieren. Ab diesem Zeitpunkt hat man mich nur noch selten an der Universität gesehen. Anders als heute gab es damals noch keine relevante Gründerszene in Frankfurt und als Gründer eines B2B SaaS Unternehmens war man noch Einzelgänger an einer Business School. Ich möchte nicht ausschließen, dass ich später nochmals unternehmerisch tätig werde.

Wie lernt man ein Startup richtig einzuschätzen bzw. zu bewerten?

Die Einschätzung eines Startups ist schwierig und wir diskutieren neue Investment Cases deshalb regelmäßig mit dem gesamten Investment Team. Darüber hinaus machen die typischen Startup Begebenheiten eine Bewertung kompliziert, denn in der Regel gibt es keine belastbaren Vergangenheitsdaten und es handelt sich um innovative und neuartige Produkte sowie Geschäftsmodelle mit teils noch fehlenden Absatzmärkten und negativen Cashflows. Auch ein hohes Wachstum führt zu einer Bewertung, die zum Großteil auf Annahmen basiert.

Befindet sich das Startup noch in der Frühphase, validiere ich die Finanzplanung und wir bewerten das Unternehmen mit einem Mix aus marktorientierter Bewertung, Multiples, Peergroup-Analyse und Bauchgefühl. Es fließen auch (technische) Alleinstellungsmerkmale (USP) und Barrieren gegenüber Wettbewerbern ein. Generiert das Startup bereits relevante Umsätze und hat belastbare Daten, stützt sich die Bewertung zusätzlich auf Benchmarks, DCF-Methode und Branchenmultiples.

David, wir danken dir ganz herzlich für den interessanten Einblick in deinen Alltag und das Venture Capital Geschäft und wünschen dir für die Zukunft alles Gute!

Quelle: Read more at https://startup-mitteldeutschland.de/david-stuck-ueber-das-venture-capit...